Mittwoch, 30. September 2015

Cello lernen welches Alter?

Bis zu welchem Alter kann man/frau Cello spielen lernen?


"Ich würde gern mit 40 (50) Jahren noch Cello spielen lernen. Geht das?" Das sind Fragen in Foren. Kurze Frage, knappe Antwort: Ja, geht. Der ausgewachsene Cellist hat zwar ganz schön lange gelernt, bevor er auf Tour gehen konnte, aber für so ein wundervolles Instrument ist es nie zu spät. Nur die ganz großen Konzerte dauern wirklich eine Weile, bis sie vortragsreif sind. Eine weitere Frage bezieht sich stets auf das nötige Instrument. "Gibt es ein Cello auch gebraucht?" Ja, mein Lieber. Die meisten Celli sind gebraucht, manchmal schon ein paar Hundert Jahre lang. Das Cello kann heute online bezogen werden, der Kauf lohnt sich ab einer Preislage um 1.500 bis 3.000 Euro. Bei manch einem Geigenbauer lassen sich auch günstige Schnäppchen finden, die angehende Cellisten anspielen könnten, doch das können sie ja noch nicht. Sie wollen schließlich erst einmal Cello lernen. Man kann auch mit einfachen Stücken anfangen wie diesem hier:




Muss man zum Cello spielen lernen Unterricht nehmen?

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Das ist zu empfehlen. Griffe auf der Gitarre können sich Menschen selbst beibringen, ein Streichinstrument ist aber nicht ganz so leicht anzufassen. Je älter ein Mensch ist, der Cello lernen möchte, umso besser muss die Beziehung zum Lehrer oder der Lehrerin ausfallen. Diese Beziehung ist sehr privat, es findet im Einzelunterricht eine Gefühlsübertragung des eigenen Anspruchs und Wunsches an das Cellospiel auf die lehrende Person statt. Einige gute Musiker sind grottige Lehrer - und umgekehrt. Wer erst einmal Cello spielen lernen möchte und die Grundlagen benötigt, sollte sich im Zweifelsfall für den besseren Lehrer / Psychologen als für den besseren Virtuosen entscheiden - es sei denn, der/die Schüler(in) hat ein wirklich starkes Nervenkostüm. Unter dieser Voraussetzung kann sie/er auch bei einem pädagogischen Anti-Talent (weit verbreitet) Cello spielen lernen.


Andreas Thiemig, Cello / Standort: Kaufbeuren bei München


nächstes Konzert 24.02.19 Friedberger Kammerorchester
Tel 0172/ 8224723



Freitag, 25. September 2015

Pau Casals


Pablo Casals


Den Cellisten Pau Casals i Defilló (1876 - 1973) kennt man heute international als Pablo Casals, jedoch mochte er die katalanische Form “Pau” seines Namens wesentlich lieber. Seine Enkelschüler, auf die hier eingangen wird, nannten ihn "Pablo Casals". Er war Sohn eines Organisten und begann als etwa Neunjähriger mit dem Geigenspiel, dann sah er erstmals bei einem Konzert einen Cellisten (Josep García aus Barcelona). Casals schildert das in seiner Biografie in etwa so: “Er trug einen Es-ist-erreicht-Schnurrbart und spielte majestätisch auf seinem Cello. ...  Glanz erfüllte mich. ... . Fortan hielt ich meine Geige beim Üben wie ein Cello. Meine Mutter verstand, was sich ereignet hatte, und überredete meinen Vater, mich Cello spielen zu lassen.” Mit 13 Jahren entdeckte er die Bach-Solosuiten, als junger Mann (deutlich über 20 Jahre alt) führte er sie erstmals auf. Den Moment der Entdeckung schildert er in seiner Autobiografie so: “Sechs Suiten für Cello allein! Ich war überwältigt, presste die Noten an mein Herz und eilte nach Hause, um sie zu üben.” Er spielte sie fortan in extenso, also mit allen Wiederholungen und in der von Bach vorgegebenen Reihenfolge, die absolut logisch ist (und wenn zehnmal Rostropowitsch und andere die Reihenfolge auf ihren Aufnahmen durcheinanderwürfeln). Vor Casals waren die Suiten nur bruchstückhaft aufgeführt worden. Als Jugendlicher spielte Casals fast täglich in einem Café, der interessierte Inhaber ließ ihn gelegentlich richtige Klassik aufführen. Später eroberte er die europäischen und internationalen Konzertsäle sowie die Adelshäuser, sein erstes gutes Cello schenkte ihm die spanische Königin, die ihn später auch mit dem Orden Carlos III ehrte. Er wurde Solocellist im Gran Teatre del Liceu, gleichzeitig Lehrer und konzertierender Solist. Teilweise gab er 30 solistische Konzerte monatlich, einmal wurde er auf der Bühne ohnmächtig. Casals war auch Dirigent und Komponist, seine internationale Karriere ist auch für dieses Genre beispiellos. Noch mit weit über 90 Jahren übte er täglich rund drei Stunden. Man fragte ihn: Wozu? - “Oh”, sagte Casals. “Ich denke, ich mache Fortschritte.”

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Casals und die Politik

Pablo Casals wandte sich aktiv gegen die faschistische Franco-Diktatur und wurde verfolgt, er musste ins Exil gehen. Bevor ihm das gelang, besuchten ihn während des Bürgerkrieges deutsche Faschisten - Verbündete Francos - in seinem Haus, die ihn kannten und denen er nicht ausweichen konnte. Es waren Nazis und Musikliebhaber, die ihn baten, etwas vorzuspielen. Casals lehnte ab. Einer von ihnen fragte, ob er das Cello einmal anfassen dürfe. Casals konnte sich nicht verweigern und schildert den Moment so: “Als er mein Cello berührte, spürte ich, wie mir schlecht wurde.” Er exilierte und litt Not wie viele seiner Landsleute, doch auch in jener Zeit übte er täglich mindestens drei Stunden. Seine politische Überzeugung war demokratisch und republikanisch. Nach der russischen Oktoberrevolution und dem Sieg der Kommunisten trat er in Russland nicht mehr auf. Nach 1945 gab er für Jahre aus Protest gegen die Franco-Regierung keine öffentlichen Konzerte. Auch Deutschland mied er wegen dessen Nazi-Vergangenheit bis 1954. Casals wurde für sein Engagement vielfach geehrt und gilt als einer der größten Humanisten des 20. Jahrhunderts. In seinem Privatleben war er mehreren Frauen in tiefer Liebe verbunden, zuletzt der 61 Jahre jüngeren Marta Montañez, mit der er bis zu seinem Tod verheiratet blieb. Sie ist heute Vizepräsidentin der Casals-Stiftung.



Andreas Thiemig, Cello / Standort: Kaufbeuren bei München


Tel 0172/ 8224723



Donnerstag, 24. September 2015

Cello Akademie

Cello Akademie

Sehr erfreulich ist es, wenn sich Vereine wie die Cello Akademie Rutesheim des Cellospiels annehmen und dabei diejenigen fördern, die Cello spielen lernen möchten. In Rutesheim gibt es Meisterkurse, zudem führt der Verein ein Cello Festival durch. Die Förderung kommt zu einem großen Teil von privaten Sponsoren, jedermann kann sich beteiligen. Vorstände des Vereins sind Prof. Herbert Trück und Christian. Solche Kurse vermerkt wohl jeder Cellist irgendwann in seiner Biografie. Ohne verantwortungsvolle Förderung hätten junge, begabte und fleißige Cellisten nur wenig Chancen, daher ist diese Initiative ausdrücklich zu begrüßen. Begabte Nachwuchsmusiker profitieren von starken Lehrern, die praktizierende Orchestermusiker und Solisten sind. Diese geben nicht nur unersetzliche Tipps, sie zeigen auch Möglichkeiten und aktuelle Grenzen auf, ohne den jungen Musiker zu demotivieren. Ein wirklich guter Lehrer zweifelt nicht an seinem Schüler, er weist ihm den Weg, so lang und steinig dieser auch sein mag. An der Akademie in Rutesheim unterrichten solche Lehrer. Die jungen Solisten können bei Festivals im Abschlusskonzert ihr Können beweisen.


Cello Akademie fördern

Wer spenden möchte, darf irgendwann beruhigt zurückblicken, denn Kunst lebt von Förderung - anders geht es nicht. Die hier genannte Cello Akademie Rutesheim bietet die Möglichkeit, Vereinsmitglied zu werden, sich mit einer Gastelternschaft anzumelden oder Studenten aufzunehmen. Dabei werden Sprachenwünsche und kulturelle Interessen berücksichtigt. Auch als Fahrer können sich Interessenten anmelden. Nicht zuletzt freut sich die Cello Akademie in Rutesheim über Geldspenden.

Andreas Thiemig, Cello  / gegenwärtiger Standort: Kaufbeuren bei München

nächstes Konzert Friedberger Kammerorchester 24.02.19 Schloss Friedberg
Tel 0172/ 8224723

Mittwoch, 23. September 2015

Cellomusik J.S.Bach

Cellomusik von Johann Sebastian Bach (1685 - 1750)


Es gibt von Johann Sebastian Bach mehr als nur die Cellomusik der Sechs Solosuiten, allerdings keine Konzerte. Seine beiden Söhne Johann Christian und Carl Philipp Emanuel Bach schrieben dafür sehr hübsche und auch heute gern gespielte Cellokonzerte. Hier wäre etwa als Tonbeispiel der 2. Satz von Christian Bach c-Moll anzuführen.
Die Cellomusik außerhalb der Violoncello Solosuiten von Johann Sebastian Bach findet sich in seinen Kantaten und Oratorien in der Form wundervoller Kantilenen, die das Herz des Cellisten beflügeln und das der Sopranistin dahinschmelzen lassen, wenn sich die beiden auf die Weise im Duett wiederfinden. Auch borgen sich Cellisten gern einen großen Hit wie das Bach Air:




Die Cellosuiten von Johann Sebastian Bach schrieb dieser in Köthen zwischen 1717 bis 1723, in dieser Zeit entstanden auch die Partiten für Violine Solo, die Brandenburgischen Konzerte, das Wohltemperierte Klavier und weitere wichtige Werke. Cellisten jener Tage führten die Suiten auch auf. Sie nehmen ebenso wie andere Solowerke - beispielsweise für die Flöte - einen bestimmten Platz in Bachs Lebensplan ein. Sein gigantisch großes Werk sollte alle bekannten Besetzungen jener Zeit mit Musik beliefern. Das beginnt beim einstimmigen Streichinstrument (Doppel- und Mehrfachgriffe sind natürlich in Hülle und Fülle eingebaut) und reicht bis zum großen Chor- und Orchesterwerk. Vorausgegangen war der kompositorischen Lebensaufgabe die Einführung der temperierten Stimmung durch den Organisten Andreas Werckmeister (1645-1706), der erstmals die Oktave in zwölf physikalisch identisch differenzierte Halbtöne einteilte, was der reinen Stimmung der Natur widerspricht, aber kompositorisch eine unerhörte Revolution eröffnete. Daraufhin schrieb Bach sein "Wohltemperiertes Klavier" mit Präludien auf jedem Halbtonschritt der Skala, was vorher nicht möglich war. Eine weitere harmonische Revolution - ausgenommen die 12-Ton-Technik von Arnold Schönberg - gab es seither in der europäischen Musikgeschichte nicht mehr.

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Einordnung der Cellosuiten Bachs

Da Bach gleichzeitig die Tradition der großen Renaissance-Meister - etwa Pierluigi Palestrina (1515 - 1594) - fortführte, die streng und hochkomplex in reiner Stimmung komponiert hatten, schlug er fortan einen großen Bogen zwischen den alten Meistern und den modernen Kompositionsmöglichkeiten. Etwas genauer wird das hier erläutert.
Die Cellosuiten von Bach in sind in diese Kompositions- und Musikgeschichte einzuordnen, während sie innerhalb der Cellomusik einen besonderen Platz einnehmen. Lange waren sie fast vergessen beziehungsweise wurden nur auszugsweise gespielt, teilweise sogar mit Klavierbegleitungen, was ein Irrweg war. Bach hatte sie gerade für das rein intonierende Streichinstrument geschrieben. Pablo Casals (1876 - 1973), der sie für das frühe 20. Jahrhundert wiederentdeckte, stimmte manchmal sogar die C-Saite höher (um einen Viertel- bis Halbton), wenn er Bach-Suiten spielte. Alle Cellisten lieben die Suiten unendlich, das Publikum kennt leider kaum mehr als den 1. Satz der 1. Suite in G-Dur. Vor Publikum ausprobiert (viele Hundert Male) Sind folgende Sätze besonders effektvoll:

Erste Suite 1. Satz Prélude 

Erste Suite 5. Satz Menuett I und II

Zweite Suite 4. Satz Sarabande

Dritte Suite 1. Satz Prélude 

Dritte Suite 2. Satz Allemande

Dritte Suite 6. Satz Gigue

Vierte Suite 5. Satz  Bourrée  I und II

Fünfte Suite 1. Satz  Prélude

Fünfte Suite 2. Satz Allemande (unbedingt mal ausprobieren! Sensation!)

Sechste Suite 2. Satz Allemande

Sechste Suite 5. Satz Gavotte I und II


Die sechste Suite in D-Dur hat Bach für eine (wahrscheinlich von ihm erfundene) Viola Pomposa mit einer 5. E-Saite geschrieben. Auf dem modernen Cello müssen ohne diese Saite Doppelgriffe in hohen Lagen gespielt werden, was die Suite technisch sehr anspruchsvoll macht. Die Viola Pomposa besaß offensichtlich keinen Stachel, sie wurde zwischen den Knien gehalten und natürlich mit einem "Barockbogen" gespielt, wie es uns im folgenden Video die wundervolle französische Cellistin Ophélie Gaillard auf einem zwar modernen, aber fünfsaitigen und stachellosen Cello demonstriert.


Die hier vorgestellte Gavotte aus der sechsten Suite lieben alle Cellisten. Sie muss allerdings auf den Einsen betont werden, nicht auf den schweren Septimengriffen, die auf der Takt-3 stehen. Wenn die Einsen betont werden (es ist ein Tanz!), ist es die gewünschte große, majestische Nummer der Cellomusik. 
Andreas Thiemig, Cello / Standort: Kaufbeuren bei München
nächstes Konzert 24.02.19 Schloss Friedberg
Tel 0172/8224723





Montag, 21. September 2015

Cellomusik: Welches Repertoire wird erwartet?

Das Standardrepertoire aller Cellisten nach einem Hochschulstudium sollten die beiden Haydn-Konzerte C-Dur und D-Dur (Probespielkonzerte) sein, des Weiteren Dvořák h-Moll, Saint-Saëns, Lalo, natürlich alle sechs Bach-Suiten in extenso, vielleicht dazu etwas von den Bach-Söhnen wie Christian Bach c-Moll (auch von den Bratschern gern gespielt) und Carl Philipp Emanuel Bach F-Dur (auch in A-Dur notiert), die Beethoven-Sonaten, die drei Reger-Solosuiten, diverse Schmunzetten wie den Schwan von Saint-Saëns, das Kol Nidrei von Bruch, das Prayer und vielleicht auch das Schelomo von Bloch, ein bisschen was Modernes wie Schostakowitsch oder Kabalewski (die sowjetischen Komponisten: hoch interessant, weil Stalin bei Todesstrafe harmonische Experimente verbot und sie daher mit herkömmlichen Mitteln höchst interessant komponierten), natürlich Beethoven Tripelkonzert und Brahms Doppelkonzert, vielleicht ein, zwei Brahms-Sonaten, die Francoer-Sonate und solche Dinge sein. Es kann im Laufe des Lebens ruhig noch etwas mehr werden, manchmal bedienen sich Cellisten auch bei der Geigenliteratur, wie hier zu sehen ist. Gern nehmen sie einige der großen Schmunzetten in ihr Repertoire auf, etwa das Bach Air:

Wie sagte der Casals-Enkelschüler Herr Karl-Heinz Schröter während des Cellounterrichts? "Die Cellomusik ist ja begrenzt, doch wir müssen sehen, dass wir in vier Jahren Studium da durchkommen."   http://kultur-am-wochenende-kaufbeuren.blogspot.de/

Kennt das Publikum diese Cellomusik?
Nein, vielfach kaum. Die Haydn-Konzerte beispielsweise sind wie überhaupt alles oben Erwähnte wunderschön, die Leute staunen, wenn sie es hören. Doch auf einem Werbeplakat erzielen sie null Effekt. Doch wenn ein Geiger auf sein Werbeplakat "Sibelius Violinkonzert" schreibt, hat er auch keinen Effekt, und das ist eines der schönsten Konzerte überhaupt. Das Kol Nidrei von Max Bruch ist im Konzert - zum Beispiel mit Orgel - ein echter Knaller, die Leute fangen bei dieser Cellomusik an zu weinen. Die Leute kennen nur die Titel nicht.  Man muss Cellomusik daher heute anders vermarkten, YouTube dürfte uns weiterhelfen. Hier lassen sich auch Adaptionen unterbringen wie eine der Rokokovariationen von Tschaikowski:





Andreas Thiemig, Cello / Standort: Kaufbeuren bei München
nächstes Konzert 24.02.19 Schloss Friedberg Konzert
Tel 0172/ 8224723





Sonntag, 20. September 2015

Cellomusik im Orchester


In jedem Orchesterwerk bis hin zur Moderne spielen Celli und Bässe sehr oft unisono, das Cello spielt als Bassfiguren eine Oktave über dem Kontrabass. Das ist nicht die einzige Verdoppelung von Stimmen im Orchester, die Celli und Bässe sind beispielsweise auch sehr oft unisono mit den Fagotten, die Flöten mit den Violinen und so fort. Jedoch nahmen sich seit der Klassik wichtige Komponisten der Cellogruppe an und vergaben an sie eigene Melodien, beginnend mit Joseph Haydn und zum ersten Mal in voller Blüte Beethoven in seinen Sinfonien - berühmt der 2. Satz der V. - und sehr bemerkenswert in der Coriolan-Ouvertüre. Dieses herrliche Motiv arbeiten aus der Sicht eines Cellisten die Dirigenten stets zu wenig heraus.



Schubert folgte in seiner Unvollendeten dieser Idee, danach Brahms (3. Sinfonie), Tschaikowski (Symphonie pathétique), Dvořák (8. Sinfonie) und Debussy („La Mer“). http://kultur-am-wochenende-kaufbeuren.blogspot.de/


Bedeutung der Cellomusik im Orchester

Die Operettenkomponisten und auch die Walzerfamilie Strauß haben die Cellogruppe oft mit dankbaren Aufgaben bedacht, wenn man nur an das Eingangsthema der Schönen Blauen Donau denkt. Damit bewies Johann Strauss (Sohn), was er für ein genialer Arrangeur war, worauf übrigens der Zwölftontechniker Arnold Schönberg den bei ihm in Wien studierenden Hanns Eisler hinwies (Komponist der DDR-Nationalhymne), als jener verächtlich über die Wiener Walzer die Nase rümpfte. In der Caféhausmusik, im Rock (Kurt Cobain) und in der modernen Heavy-Metal-Szene (Apocalyptica) liebt man das Cello über alles.  


Andreas Thiemig, Cello - Standort Kaufbeuren bei München, nächstes Konzert 24.02.19 Friedberger Kammerorchester

Tel 0172/ 8224723   oder andreasthiemig@googlemail.com



Samstag, 19. September 2015

Andreas Thiemig, Cello ; Standort: Kaufbeuren bei München, Tel 0172/ 8224723 oder andreasthiemig@googlemail.com 


Cellospielen: Ist das schwer?

Ich erkläre mich hiermit für befangen, denn ich (Jahrgang 1962) spiele seit meinem 8. Lebensjahr Cello und habe daher heute (2015) einen verstellten Blick auf die Schwierigkeiten. Vielleicht hilft der Vergleich: Viele Musiker spielen mehrere Instrumente (ich selbst Klavier, Gitarre, auch Ausflüge zum Kontrabass gab es), die Schwierigkeiten sind nur schwer vergleichbar. Die Streichinstrumente Bass und Cello ähneln sich natürlich sehr, wobei der Bass wie eine Gitarre in ihren am tiefsten klingenden Saiten in Quarten gestimmt ist, das Cello hingegen in Quinten. Saiteninstrumente verlangen physisch viel mehr Kraft als etwa das Klavier. Spieler von Saiteninstrumenten brauchen eine Hornhaut auf den linken Fingerkuppen und müssen sie sich neu erspielen, wenn sie eine Weile pausiert haben. Das Klavier verlangt eine enorme Denkleistung. Pianisten sollten die Strukturen ihrer Stücke stets harmonisch analysieren. Dem nebenbei Klavier spielenden Cellisten hilft das dann auch beim Merken eines pfiffigen harmonischen Durchgangs in einem Haydn-Cellokonzert. Unser Psychologiedozent an der Hochschule "Hanns Eisler" Dr. Hellige (Gastdozent der Humboldt-Uni) verwies uns darauf, dass Lernen nicht das Aufeinanderstapeln von Gedächtnisinhalten, sondern das Einordnen in ein logisches System bedeutet. Dieses System bietet Musikern unter anderem die Harmonielehre. Von diesem Wissen abgesehen ist Cellospielen - wie das Spielen jedes Instruments - schlichtes Handwerk. Die Intonation etwa muss ständig trainiert werden, selbst für einfachste Stücke.



Intonation bei der Cellomusik

Die Intonation muss lupenrein sein, was Cellisten - ein Tipp für Cello-Beginner - dadurch erreichen, dass sie jeden Ton mit einer Leersaite vergleichen. Das funktioniert bei Oktaven, Quinten, Quarten, Terzen und Sexten, bei Septimen natürlich nicht. Gegriffene Terzen und Sexten müssen in sich stimmen. Der Cellist, der Bach-Suiten spielt, kann die vollkommen reine Stimmung als Intonationsgrundlage wählen, während bei einer Klavier- oder Orchesterbegleitung die Anpassung an die absolut temperierte Stimmung (Klavier) oder an die Orchesterstimmung, die von den Bläsern kommt, erforderlich ist. Das ist hier zu sehen:



Die Umstellung ist in den ersten 20 Jahren des Cellospielens gar nicht so einfach. Dann habt Ihr Euch langsam daran gewöhnt. Stimmt das Cello möglichst auf 440 Hertz, wenn Ihr Bach spielt. Die Instrumente waren damals längst nicht so hoch gestimmt wie heute, historische Celli klingen also bei 440 Hertz besser. Die moderne Stimmung von 443 - 444 Hz kommt von der Entwicklung der Oboen im 19. Jahrhundert, die im Orchester den Stimmton angeben. Hier habt Ihr den Kammerton a mit 440 Hz, das könnt Ihr beim Üben irgendwo (ohne Stimmgabel) auch mit dem Smartphone aufrufen, wenn Ihr Cellomusik übt.

Freitag, 18. September 2015

Andreas Thiemig, Cello, Standort: Kaufbeuren bei München, Tel 0172/ 8224723 o. andreasthiemig@googlemail.com

Die Entwicklung der virtuosen Cellomusik


Das Cello war nach seiner bauartlichen Entstehung im 15. Jahrhundert zunächst ein Begleitinstrument, ein kleiner Bass, und wurde doch alsbald mit Sololiteratur bedacht. Erste Solostücke sind von den Italienern Antonii, Giannotti, Gabrielli und Vitali überliefert (alle zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts), sie werden praktisch nicht mehr aufgeführt. Erst 
Georg Philipp Telemann (1681 – 1767), Antonio Vivaldi (1678 – 1741) und Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) mit seinen sechs Solosuiten, zu denen ich mich hier schon geäußert habe, hinterließen bemerkenswerte Cellomusik des Barock. Die Vivaldikonzerte und -sonaten sind wunderschön. Jedoch fordern weder Bach noch Telemann oder Vivaldi vom Cellisten eine Daumenlage, die sechste Bachsuite (die obere Lagen auf dem normalen viersaitigen Cello benötigt) wurde ja für die von Bach konstruierte Viola Pomposa mit einer fünften e-Saite geschrieben. Erst mit Joseph Haydns (1732 - 1809) Violoncellokonzerten wurde das Instrument im Gesamtumfang seiner fünf Oktaven ausgeschöpft, Flageolett-Töne reichen bis über das Griffbrett hinaus. Das Haydn D-Dur Konzert (Hob. VII b: Nr. 2) könnte nach Meinung von renommierten Cellosolisten das auf der Bühne schwerste Konzert sein. So äußerte sich jedenfalls mein Lehrer Karl-Heinz Schröter, ein Enkelschüler von Pablo Casals und zu meiner Studienzeit in den 1980er Jahren Solocellist der Staatskapelle Berlin.


Cellomusik zwischen Spätklassik und Moderne

Luigi Boccherini (1743–1805) war Cellist, seine Konzerte sind nicht nur maßgeschneidert für das Instrument komponiert, sondern auch amüsant. Ludwig van Beethoven (1770 - 1827) schrieb Sonaten für Klavier und Cello, der Pianist muss so virtuos wie weiland Beethoven selbst spielen, während dessen Cellopartner ambitionierte Laien waren. Vom Cellisten verlangen die Sonaten vor allem sehr klassische Präzision (mein Lehrer Karl-Heinz Schröter: “wie das Pferd beim Dressurreiten”). Zu nennen sind für diese und die sich anschließende Epoche noch die Brahms-Sonaten und die Arpeggione-Sonate von Schubert. Es folgte die Romantik, die dem Cello eine neue, unerhörte Geltung verlieh. Camille Saint-Saëns (1835–1921) eroberte das Herz der Cellisten und der Damen mit dem “Schwan” und dem a-Moll-Konzert, Robert Schumann, Peter Tschaikowski (Rokoko-Variationen), Antonín Dvořák und Édouard Lalo schlossen sich an. Von Max Bruch ist das Kol Nidrei unglaublich bekannt, von Johannes Brahms das Doppelkonzert für Geige und Cello. Im 20. Jahrhundert schrieb Max Reger drei Solosuiten für Violoncello, die häufiger aufgeführt werden sollten, die Schwestern Nadia und Lili Boulanger komponierten in den 1910er Jahren für das Instrument, Ernest Bloch hinterließ das Schelomo und sein Gebet. Gern aufgeführt werden die Solokonzerte von Hindemith und Schostakowitsch, Letzterer hinterließ auch zwei wunderschöne Miniaturen (Adagio und Frühlingswalzer). Die Komponisten ab den 1970er Jahren bedürfen aus Sicht des klassischen Cellisten
noch einiger Durchsetzung, bis man sie erwähnt. Nächstes Konzert Sonntag 24.02.19 Schloss Friedberg

Donnerstag, 17. September 2015


Andreas Thiemig, Cello / Tel: 0172/ 8224723 oder andreasthiemig@googlemail.com
Der Klang eines Cellos

Wenn Menschen von Cellomusik sprechen, erwähnen sie stets den warmen, der menschlichen Stimme so ähnlichen Klang. Der Bass hingegen gilt als Begleitinstrument (zu Unrecht, es gibt bemerkenswerte Kontrabass-Solokonzerte und -Virtuosen), die Geige gilt als “irgendwie fietschlich”, die Bratsche wird sträflicherweise erst gar nicht erwähnt. Alles knapp an der Wahrheit vorbei, findet der Cellist, der sich dennoch freut, dieses Instrument gewählt zu haben. Die Freude steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Tatsächlich hat das Cello einen sehr großen Tonumfang, wenngleich dieser umstritten ist. Antonín Dvořák schrieb kurz vor der Veröffentlichung seines berühmten h-Moll-Konzertes, das Cello klinge eigentlich “nur in der Mittellage schön”. Nichtsdestotrotz schöpft gerade dieses Konzert den Tonumfang und alle Klangfinessen des Cellos vollständig aus. Auch Tschaikowski ließ die Cellisten von ihren tiefsten bis zu den höchsten Tönen spielen wie hier in der vorletzten Rokoko-Variation:



Doch wodurch klingt das Cello so schön?

Streichtechnik beeinflusst den Klang


Alle großen Virtuosen, die weltberühmt wurden und es über Jahrzehnte blieben (und seit den Aufnahmen ab Mitte des 20. Jahrhunderts auch bleiben werden), spielen nahe am Steg, wozu eine hohe Saitenstellung erforderlich ist. Das ist sehr anstrengend, aber nur so schwingt der Korpus des Instruments in allen erdenklichen Facetten. Der Spieler braucht in der rechten Hand und im gesamten Arm viel Kraft bei hoher Geschmeidigkeit. Das Training dauert Jahrzehnte. Hinzu kommt das hochwertige Instrument, auch das eine umstrittene Angelegenheit. Die Preise für Streichinstrumente haben im 20. Jahrhundert absurde Dimensionen erreicht. Die teuerste Stradivari-Geige könnte diejenige sein, die einst Niccolò Paganini gespielt hatte und die heute in Cremona im Museum ausgestellt ist. Als in den frühen 1990er Jahren in Stockholm ein Geigenwettbewerb stattfand, transportierte man diese Geige unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen von Italien in die schwedische Hauptstadt, damit die drei Erstplatzierten des Wettbewerbs ihr Abschlusskonzert darauf geben konnten. Versicherungswert des Unternehmens: 50 Millionen Dollar. Doch ist das berechtigt? Schon in den 1980er Jahren untersuchten US-amerikanische Klangforscher mit holografischen Fotografien die Klangausbreitung in einer Stradivari und in anderen sehr hochwertigen Geigen, die “nur” 100.000 bis 200.000 Dollar kosten. Das Ergebnis: Der Klang in der Stradivari breitet sich wirklich optimaler aus. Vielleicht drei- bis fünfmal besser als im Instrument zum sechsstelligen Preis. Aber nicht zehn- oder 50-mal besser (das ist der Preisunterschied).
nächstes Konzert Schloss Friedberg Sonntagsmatinee 24.02.19

Mittwoch, 16. September 2015


Cellomusik gibt es etwa seit dem 15. Jahrhundert, aber längst nicht in der Form, in der wir sie heute kennen. Damals entwickelten sich die Gamben, gestrichene Saiteninstrumente mit Bünden, die heute noch selten gespielt werden, und parallel dazu die Viola-da-braccio-Familie ohne Bünde. Von dieser Familie sind die Violine, die Bratsche und das Cello übriggeblieben. Die Stimmungen und die Zahl der Saiten änderten sich im Laufe der Jahrhunderte, nur die Stimmung in Quinten gab es von Anfang an. Das Cello wies ab Mitte des 16. Jahrhunderts in der Regel vier Saiten auf, die auch eine F-Stimmung aufweisen konnten (F-c-g und auch B-F-c-g), bis sich die heute geläufige C-G-d-a Stimmung durchsetzte. Davon gab es immer wieder Ausnahmen. Johann Sebastian Bach (1685 - 1750) schrieb seine 6. Cellosuite für ein fünfsaitiges Cello, die am höchsten klingende Saite war eine e-Saite (eine Quinte über der normalen a-Saite). Die Suite spielen wir Cellisten heute auf dem viersaitigen Cello, was aufgrund der geforderten Grifftechnik in den oberen Lagen sehr anspruchsvoll ist. Es klingt aber auch königlich. Im Jahr 2010 hatte ich die Gelegenheit, nahezu täglich alle sechs Bach-Suiten im Zwinger-Innenhof zu spielen (Konzertdaten aus 2010).

Cellomusik zwischen Barock und Romantik (19. Jahrhundert)


Die Cellosuiten von Bach waren für Cellisten geschrieben worden, die das Cello bis zur 4. Lage sicher beherrschten. Die Griffe sind zum Teil extrem schwer, wenn man der originalen Notation folgt (was einem erwachsenen Cellisten eine Ehre ist). Bach hat überall so komponiert, wie es sein musikalisches Genie verlangt, ohne auf die Probleme einer Spieltechnik Rücksicht zu nehmen. Er selbst war ein höchst virtuoser Organist und Pianist, er spielte sogar selbst ein wenig Cello. Es gab zu seiner Zeit Cellisten, welche die Suiten so aufführten, wie Bach sie geschrieben hatte. Die Tempi sind nicht bekannt, das Mälzel-Metronom wurde erst zu Beethovens Zeiten eingesetzt (1770 - 1827), auch bei vielen Haydn-Konzerten (1732 - 1809) sind die Tempi nicht ganz klar. Joseph Haydn kannte einen ausgezeichneten Cellist und komponierte klar für das Cello in den oberen Lagen, im 19. Jahrhundert schließlich folgten die großartigen romantischen Konzerte von Antonín DvořákCamille Saint-Saëns, Eduard Lalo 

und auch berühmte Miniaturen wie das  Kol Nidrei von Max Bruch. Das Schelomo (1915) und das Prayer (1924) von Ernest Bloch stammen aus dem frühen 20. Jahrhundert. Diese Stücke und die Bachsuiten sind es, die dem Cello seinen Stellenwert als das vielleicht romantischste Instrument verleihen. Doch die Klassiker wie die großartigen Haydn-Konzerte und die bemerkenswerten Beethoven-Sonaten sollten bei der Cellomusik nicht vergessen werden.

21.07.17 Kaufbeuren

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